Kluge Preise-Blog

Fallstudie: Kleinvieh kann ganz schön viel Mist machen

Urlaub im November - in meiner Branche ein seltener Luxus, den ich mir aber gerne gönne. Am besten in einem meiner Lieblingshotels, in dem sich bei mir nach 5 Minuten bereits volle Entspannung einstellt. Abschalten, durchatmen, Kopf frei kriegen. Auch mal in einem Hotel zu frühstücken, ist ja genial, denn wenn ich unterwegs bin, verlasse ich das Hotel oft schon um 5 Uhr morgens. Zu Hause habe ich schon eine kleine Sammlung von Hotel-Zimmerkarten, die ich dann in irgendwelchen Hosentaschen fand.

Im Relaxhotel bekommt aber die Entspannung dann bei der Rechnung aber doch einen kleinen Knacks. Weniger die Frage, ob wir das alles wirklich konsumierten - ein Blick auf den gelockerten Gürtel reicht als Antwort - sondern eine Zeile weckt meine Aufmerksamkeit.

5 Euro pro Schlüsselkarte als Kaution? Jetzt verstehe ich, warum wir beim einchecken gleich 4 Stück ausgehändigt bekamen (2 gingen gleich retour, unsere Töchter im Alter von 9 und 4 brauchen keine Zimmerkarte). Bei Produktionskosten von unter 20ct pro Stück sind das dezente 2500% Aufschlag. Für die Zahlenfreaks habe ich unten die gesamte Kalkulation dargestellt. Für alle anderen: das ist effektiv eine Gewinnsteigerung um 15-30% - in diesem konkreten Fall von ungefähr € 73.000,-.

Was würdest Du machen, um bis zu 30% mehr Einkommen zu haben?

Kautionen sind üblich, wenn man eine wertvolle Sache geborgt bekommt und die Miete vergleichsweise niedrig ist. Für Gartengeräte, die um 20-50,- pro Einsatz vermietet werden, hinterlegt man 200,- Kaution. Eine Kaution für einen Zimmerschlüssel? Das ist selten. Doch wieso eigentlich nicht?

Die Idee, für eine Sache mit Wegwerf-Charakter eine Kaution zu verlangen, ist aber schon bemerkenswert. Ich wette, kein Kunde hinterfragt diese Vorgangsweise. Wie viele wohl diese Zeile überhaupt nicht beachten?

Mehr Gewinn ohne Mehrarbeit

Die Frage, die Du Dir also stellen kannst ist: gibt es Güter, die Du auf "Kaution" überlassen kannst? Da kannst Du auch etwas kreativ werden:

Eine Kosmetikerin könnte spezielle Cremes in höherwertigen Gefäßen mitgeben und dafür einen "Einsatz" verlangen.
Ein Friseur kann Haarpflege, die exakt auf die Tönung des Kunden abgestimmt ist, ebenso abfüllen und verrechnen.
Eine Gartengeräte-Vermietung kann zusätzlich zu den Geräten einen Satz an Werkzeugen auf Kaution mitgeben. Das erspart dem Kunden viel Ärger, wenn mittendrin genau ein Teil fehlt. Und oft wird er sich dann von dem Teil auch nicht mehr trennen wollen.

Die Kaution ist in diesen Fällen ein versteckter Zusatzverkauf. Die Kaufhürde wird genommen durch das Angebot, das Kautionsgut wieder zurückzunehmen. In vielen Fällen wird die Rücknahme nicht geschehen und so Deinen Gewinn effektiv steigern. Denn wenn der Kunde einen Wert darin sieht, die Ware zu behalten - sei es aus Bequemlichkeit, sei es weil er sie weiter besitzen will - tätigt er allein durch sein Verhalten einen Zusatzverkauf. Das steigert Deinen Umsatz ohne bei Dir weitere Arbeitsabläufe zu starten.

 

Und zum Thema Gewinn - hier die versprochenen Details.

Die Karte kostet 0,20 € und wird um 5 € in Kaution gestellt. Die 4,80 wirken harmlos, überlegt man, dass man in solchen Hotels nach einigen Nächten selten unter 500,- oft um über 1.000,- auscheckt. Rechnet man das aber exakt durch, kommt ein ganz anderes Bild zu Stande:

Bei 750,- Durchschnittsumsatz sind die 10,- Kaution für 2 Karten exakt 1,3%. Um diese 1,3% steigt der Gewinn, wenn die Karte mitgenommen wird. Die Hotelbranche macht durchschnittliche Umsatzrenditen von 4% - gem. des Austrian Hotel Circle. Das heißt, nimmt der Gast die Karten mit, steigert sich der Gewinn des Hotels von 4% auf 5,33% also um 33%. Hochgerechnet auf dieses Hotel, bei durchschnittlicher Buchungsrate und wenn das nur jeder 2. Hotelgast macht, sind das satte 73.000,-€ Gewinnsteigerung.

Na da macht es doch Sinn, einmal genau nachzudenken, oder?

 

 

Dieser Artikel entstand in meiner Recherche zum Thema Preis und ging 2014 erstmals online.